Vor kurzem saß ich in der S-Bahn. Heimweg. Ein langer, aber guter Arbeitstag lag hinter mir, während ich gedankenversunken durch die Gegend blickte. An der nächsten Station stieg ein junges Mädchen ein und blieb im Türbereich stehen. Nach kurzer Zeit fing sie an, einige Selfies zu machen. Soweit erstmal nichts Besonderes, doch eines war auffällig: sie sah nicht besonders fröhlich aus, doch in den Momenten, als sie die Fotos schoss, grinste sie – zugegeben, leicht angestrengt –, als hätte sie den Jackpot gewonnen. Was für mich erstmal befremdlich wirkte.
Nun kann man entweder darüber urteilen – wie ich im allerersten Augenblick – und behaupten, dass man selbst immer echt ist und sich nie verstellt. Oder man kann feststellen, dass es uns vielleicht häufiger so geht wie dem jungen Mädel, als uns eigentlich lieb ist.
Ich denke, dass jeder von uns Momente hat, in denen man nicht so gerne sein wahres Ich zeigen möchte.
Und darum stelle ich dir nun folgende Frage:
Wer kennt dich?
Ich verzichte bewusst auf ergänzende Worte wie „wirklich“ oder „echt“, sondern belasse es ganz simpel bei diesen drei Wörtern. Beantworte diese Frage nicht für mich oder sonst wen, sondern einfach mal für dich.
Ich möchte dir aus eigener Erfahrung sagen: es ist extrem gut und befreiend, die eigenen dunklen Ecken nicht für sich alleine zu behalten, sondern sowohl Jesus als auch wirklich gute Freunde dort hineinzulassen. Es erfordert Mut und kostet im Zweifelsfall echt viel Überwindung, doch das, was du zurückbekommst, ist viel mehr wert und besser als die vorherigen Kosten.
Unser himmlischer Vater hat uns für Gemeinschaft geschaffen. Er sagt nicht nur, dass wir Ihn lieben sollen, sondern es ist Ihm genauso wichtig, dass wir einander lieben (vgl. Matthäus 22:37-40) und in Gemeinschaft miteinander leben. Weil Gott weiß, welches Potenzial echte Gemeinschaft innehat.
Wie schwierig ist es, deinen Freunden vom geilen Malediven-Urlaub zu erzählen? Oder vom Traumtor, welches du letztens in der Kreisklasse geschossen hast? Oder von den coolen Geburtstagsgeschenken, die du bekommen hast?
Richtig. Nicht so schwierig. Baut das Freundschaften auf? Sicherlich ein bisschen.
Wie schwierig ist es, aufrichtig von eigenen Fehlern zu erzählen? Von eigenen Schwächen und Versagen? Oder von falschen Entscheidungen?
Richtig. Das ist hart. Baut das Freundschaften? Oh ja!
Was in dieser Hinsicht für unsere Beziehung zu unserem himmlischen Vater gilt, lässt sich auch für zwischenmenschliche Beziehungen anwenden. Täler zu durchlaufen und schwierige Phasen zu überwinden, schweißt zusammen. Baut tiefe Freundschaften. Schafft Vertrauen.
Ich denke hierbei an Jakobus 5:16a.
Bekennt einander eure Schuld und betet füreinander, damit ihr geheilt werdet.
Klingt erstmal nach „Yeah, amen! Voll gut!“, ist aber doch ganz schön krass. Hier wird eine der höchsten Formen von Gemeinschaft beschrieben! Und ich wette, dass die meisten von uns – mich eingeschlossen – Schwierigkeiten haben, dieses göttliche Prinzip immer so zu leben und durchzuziehen.
Es ist bei jeder Schwachstelle ein neuer Kampf, aber ich ermutige dich, den Kampf anzunehmen. Wenn du es einmal geschafft hast, wirst du wissen, was ich meine. Es lohnt sich und befreit dich. Jedes Mal aufs Neue.
Suche dir Leute, die dich ermutigen, aufbauen und nicht meinen, selbst heilig zu sein. Heilig ist nämlich keiner von uns. Ich selbst habe diese Form von tiefer Gemeinschaft in einem Hauskreis/ einer Kleingruppe/ einer Connectgruppe in einer Kirche in meiner Nähe gefunden. Und das lege ich dir auch ans Herz. Wohlwissend, dass das nicht der einzige Weg ist, zugleich aber ein sehr guter.
Eines ist dabei wichtig: es funktioniert nicht, ohne dass du bereit bist, dich zu öffnen. Bleib‘ dran, gib nicht auf und sei ehrlich mit dir selbst. Egal, ob du alleine S-Bahn fährst oder mit Freunden abhängst.
2 Comments
Rebekka
Ich lese eure Beiträge so gerne! Sie sprechen mich immer wieder aufs neue an.
Gott segne euch dafür!
Thaddäus Schindler
Hey Rebekka, Dankeschön für dein Kommentar! Es ist uns immer wieder ganz besonders solche Feedbacks zu lesen. Sie ermutigen uns dazu, niemals aufzuhören!