Ich wuchs römisch-katholisch auf. Heute studiere ich Evangelische Theologie, um einmal in einer Freikirche zu arbeiten. Wie kam es dazu?
Meine bewusste Entscheidung für Jesus traf ich durch das YouTube-Video eines Christen, der stark durch die orthodoxe Kirche geprägt wurde. Bald fand ich mein geistliches Zuhause in einer mennonitischen Gemeinde. Dort wurde ich auf meinen Glauben an Jesus Christus getauft. Parallel besuchte ich den Hauskreis einer Pfingstkirche.
Fürs Studium bin ich umgezogen und bin nun Teil einer Freikirche, die sich keinem Gemeindebund zuordnet. Das ist meine persönliche Glaubensgeschichte. Sie ist individuell, von Gott geschrieben und geführt.
So spannend diese Reise durch die Kirchen bereits auch war, sie hat mich eines gelehrt: Warum Jesus die Einheit der Christen untereinander so wichtig ist.
Kurz vor seinem Tod am Kreuz betet Jesus nämlich genau das im Hinblick auf seine Jünger und deren kommende Generationen – also auch im Hinblick auf uns heute!
„Sie alle sollen eins sein, genauso wie du, Vater, mit mir eins bist. So, wie du in mir bist und ich in dir bin, sollen auch sie in uns fest miteinander verbunden sein. Dann wird die Welt glauben, dass du mich gesandt hast.“ (Johannes 17:21)
Hier liegt die Herausforderung:
Ich behaupte, wir Christen sind noch weit davon entfernt, diesem Herzensanliegen Jesu gerecht zu werden. Wenn ich Menschen, besonders anderen Christen, von meinem persönlichen Glaubensweg durch die verschiedenen Gemeinden berichte, gibt es oftmals zwei extreme Reaktionen: Entweder Respekt und Staunen über diese Fülle an Erfahrungen oder den knappen Satz: „Oh, das tut mir aber leid für dich.“
Ja, mir tut es insbesondere leid, einige emotional aufgeladene Diskussionen geführt zu haben. Denn einen bunten Misch an Glaubenskultur zu erleben, hat neben der Vielfalt auch vielfältige Brüche, Abschiede und Enttäuschungen der Erwartungen bei Anderen mit sich gebracht. Dabei wären diese Brüche nicht nötig gewesen, würden wir Christen Jesu Anliegen der Einheit ernst nehmen. In seinem Wort spricht Gott nicht von unterschiedlichen Gemeinden, sondern von einer einzigen universalen Gemeinde seiner Nachfolger.
Ich frage mich, wie Gottes Perspektive dazu aussehen mag, wenn einer Person das Christsein abgesprochen wird, weil sie eine andere Gemeinderichtung besucht oder die Konfession wechselt. Wie gesagt: Gott denkt nicht in Ortsgemeinden und noch viel weniger in Konfessionen. Er möchte eine Gemeinde. Die Gemeinde. Seine Gemeinde.
Es macht beim besten Willen keinen Sinn, eine Person dazu zu zwingen, in einer Kirche oder Konfession zu bleiben, in der sie selbst kein geistliches Zuhause mehr findet. Je nachdem, in welcher Konfession wir großgeworden sind, sind wir gut darin, auch nur in dieser Konfession ein Wirken Gottes zu verorten. Doch Gottes Wege sind höher als unsere. Denn Gott lässt sich tatsächlich in jeder Konfession finden.
Diese Tatsache habe ich jedoch lange Zeit vehement abgelehnt. Als ich mein Leben Jesus gab, führte mich Gott in eine Freikirche. Für mich war klar: Hier ist Gott anwesend. Ob es in der katholischen Kirche nicht auch Christen gab, die in einer Beziehung zu Jesus lebten, interessierte mich erst gar nicht. Ich suchte nicht den Kontakt zu ihnen. Aber nur, dass es in meiner katholischen Kirche vor Ort einfach nicht das Angebot einer Jugendgruppe gab, bedeutet nicht, dass es hier keinen lebendigen Glauben gibt. Es war nur nicht der Ort für mich persönlich, an dem ich aufblühen konnte. Das schließt nicht aus, dass es für andere Christen genau der richtige Ort ist, an den Gott sie führt, weil sie genau in der katholischen Kirche in ihrer Beziehung zu Jesus wachsen. Ich bin Gott zutiefst dankbar für diese entscheidende Erkenntnis.
Die Ökumene und die Einheit
Vielleicht fällt dir spätestens jetzt der Begriff „Ökumene“ ein. Ein Ziel der ökumenischen Bewegung ist die Einigung der Konfessionen in brisanten Glaubensfragen – wie z. B. nach der biblisch korrekten Weise das Abendmahl zu feiern. Ich weiß nicht, wie es dir geht, aber für mich ist eine Einigkeit in solchen Themen nicht nur nahezu utopisch, sondern sie ist auch nicht der Grundpfeiler von einer gelebten Einheit.
Denn da stellt sich mir die Frage, ob irgendeine Kirche in dieser Welt tatsächlich für sich beanspruchen kann, dass sie den Glauben an Jesus Christus exakt richtig praktiziert! Immer wieder gibt es Irrtümer und daher Reformen. Und das in jeder großen Konfession bis hin zur kleinsten Freikirche. Das ist ein eindeutiger Indikator dafür, dass wir mit unserer jeweiligen Gemeindepraxis noch nicht das Vollkommene erreicht haben. Keine Gemeinde oder Kirche kann also die maßgebende sein.
Der Grundpfeiler für Einheit
Maßgebend ist nur einer: Gott selbst. Und das einzig Vollkommene, das in uns Christen vorhanden ist, ist Gott selbst durch seinen Geist.
In der Bibel finden wir folgende Stelle:
„Niemand, der unter der Leitung von Gottes Geist redet, wird jemals sagen: »Jesus sei verflucht!« Und umgekehrt kann niemand sagen: »Jesus ist der Herr!«, es sei denn, er wird vom Heiligen Geist geleitet.“ (1. Korinther 12:3)
In jeder christlichen Kirche, Gemeinde oder Konfession gibt es Menschen, die Jesus als ihren persönlichen Retter bekennen. Sie alle haben daher den Heiligen Geist. Der Heilige Geist ist der entscheidende biblische Hinweis darauf, dass jemand zu Christus gehört und damit auch ein Christ ist.
Der Heilige Geist ist der Grundpfeiler von Einheit. Er ist es, der zur Einheit der Gemeinden befähigt (vgl. Epheser 4:3). Alle Kinder Gottes besitzen ihn, unabhängig von ihrer Konfession.
Wie wird Einheit praktisch?
Das waren jetzt alles ziemlich vielschichtige Gedanken, auch viel Theorie. Doch die Praxis ist das, was am Ende wirklich einen Unterschied macht.
Einheit ist im Heiligen Geist möglich, das ist keine Utopie. Wir Christen können uns in der Einheit treffen, indem wir vor allem gemeinsam Jesus als Herrn bekennen. Wir können Jesus gemeinsam feiern, loben und preisen. Denn genau hier treffen wir die unumstößliche Schnittstelle aller christlichen Konfessionen – eben das Bekenntnis zu Jesus Christus als unseren Gott. Es gibt bereits jetzt Veranstaltungen in Deutschland, die genau dazu einladen. Eine der bekanntesten ist die überkonfessionelle „B.A.S.E. Youth Ministry“ (Instagram: @thesolidbase).
Ich fordere dich heraus, bewusst über den Tellerrand zu schauen, mal eines dieser überkonfessionellen Events oder den Gottesdienst einer anderen Konfession zu besuchen – mit dem Wissen im Herzen, dass auch hier der Geist Gottes lebt – und Kontakte und Freundschaften mit Christen anderer Konfessionen und Denominationen zu starten und zu pflegen.
Und vor allem möchte ich dich dazu ermutigen, nicht dem Gedanken Raum zu geben, nur eine bestimmte Gemeinderichtung oder Konfession habe den einzig wahren Glauben. Oder eine sei gar am weitesten vom wahren Evangelium entfernt. Am Ende ist und bleibt es Gott allein, der das entscheidet.
Mit der gelebten Einheit im Heiligen Geist verfolgen wir ein wichtiges Ziel: Für noch mehr Menschen die Liebe Gottes erfahrbar zu machen. Jesus gibt uns seine Vision vor: Wenn wir Christen eins sind, dann wird die Welt glauben, dass Gott ihn gesandt hat. Was für ein klares Statement, was für eine lohnende Perspektive!
Danke, dass du dich auf dieses spannende Thema einlässt!
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