Vor einiger Zeit habe ich ein Mentoring begonnen. Was bedeutet Mentoring? Es ist die Beratung durch eine Person, der man vertraut. Man trifft sich also regelmäßig und bespricht gemeinsam das Leben, redet über Glaubensfragen und betet auch miteinander.
Nun muss ich sagen, dass ich dieses Mentoring einfach mal gestartet habe. Dabei hatte ich mir noch gar nicht wirklich vorstellen gekonnt, was mir das genau bringen sollte. Mir geht es doch gut.
Ich traf mich also mit meiner Mentorin und wir sprachen über meine Lebensgeschichte. Sie lernte mich kennen und stellte mir dann eine Frage: „Meinst du, du hast gegenüber dieser oder jener Person noch Zorn in deinem Herzen?” Ich dachte eine Weile darüber nach und kam dann dahinter: „Ja. Leider schon.”
Der Apostel Paulus schreibt – mit absoluter Vorbildrolle für jeden von uns – den Menschen in Korinth, dass sie ihren eigenen Feinden vergeben sollen:
„Jetzt ist es an der Zeit, dass ihr ihm verzeiht und ihn ermutigt, damit er nicht in Verzweiflung getrieben wird. Ich bitte euch also: Beschließt, ihn wieder in Liebe anzunehmen!”
(2. Korinther 2:7-8)
Ich denke, hier wird schon mal eine super wichtige Eigenschaft von Vergebung sichtbar: Vergebung ist ein Beschluss. Eine Entscheidung. Gefühle folgen später auf den Schritt der Vergebung.
Und nicht nur hier, sondern schon im bekanntesten Gebet der Christenheit, dem Vater Unser, finden wir das Thema Vergebung. Mich fordern hier folgende Verse schon lange heraus:
„Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern. […] Wenn ihr den andern vergebt, was sie euch angetan haben, dann wird euer Vater im Himmel euch auch vergeben. Wenn ihr aber den andern nicht vergebt, dann wird euer Vater euch eure Verfehlungen auch nicht vergeben.“
(Matthäus 6:12.14-15)
Eine super krasse Aufforderung, die aber nicht zur Gesetzlichkeit werden soll! Sie soll keinen falschen Druck aufbauen.
Sondern zeigen, dass Gott uns doch vergeben hat. Und wenn ich als sein Kind seine Vergebung angenommen habe, dann bin ich auch in der Lage einer anderen Person zu vergeben. Die Vergebung Gottes für mich in Anspruch genommen zu haben (und das auch jeden Tag aufs Neue zu tun), ist die Grundlage für die Vergebung an anderen.
Wenn ich darauf schaue, was für absoluten Mist der perfekte Gott mir am Kreuz vergeben hat, wer bin ich, dass ich dann nicht vergeben kann?
Ich denke, Vergebung geschieht aus einem Prozess heraus. Dass ich anderen Personen vergeben kann, ist nur durch die Veränderung möglich, die Gott durch den Heiligen Geist an meinem Herzen tut. Ohne ihn bin ich dazu absolut nicht in der Lage. Und den Heiligen Geist habe ich eben nur, wenn ich Gottes Vergebung für mich angenommen habe und sein Kind geworden bin. Wem viel vergeben wurde, der liebt viel (vgl. Lukas 7:36 ff.). Und zur Liebe einer anderen Person gegenüber gehört eben auch Vergebung.
Wie sah ein Schritt der Vergebung nun praktisch für mich aus?
Ich durfte Briefe schreiben. Und ich nenne sie einfach mal „Briefe der Vergebung”. Für mich persönlich – und bereits einige andere Leute – war und ist solch ein „Brief der Vergebung” ein bleibender Durchbruch.
Durchbruch: Weil du dazu gebracht wirst, der Person noch einmal bewusst zu vergeben, und dadurch ein Stück freier von Altlasten wirst. Weil du durch diesen Prozess des Schreibens bestimmt auch mit Gottes Kraft gehen musst. Und weil die Person zum vielleicht ersten Mal einfach schriftlich vor sich hat: Mir ist vergeben. Wow!
Bleibend: Ganz einfach, weil der Empfänger des Briefes nun die Worte deiner Vergebung vor sich hat und sie immer wieder herauskramen kann, wenn er es möchte oder braucht. Worte, die gesprochen sind, vergehen oft wie Schall und Rauch. Geschriebene Worte bleiben.
Ich denke, es ist deutlich, wozu ich dich ermutigen möchte. Und das ist wirklich ein Herzensanliegen von mir:
Bitte Gott, dass er dir zeigt, für welche Personen du noch Groll empfindest, den du noch nicht vergeben hast.
Das kann wirklich gut eine Person aus deinem nächsten Umfeld, sogar aus deiner Familie, sein. Für mich war ein entscheidender Hinweis, dass ich für die Person in absolut harmlosen Situationen eine unverständliche Genervtheit an den Tag gelegt hatte, die auch andere Personen beobachten konnten. Vielleicht ist es bei dir ähnlich. Es kann aber auch ganz andere Hinweise geben. Vielleicht bist du auch so schwer verletzt worden, dass du gar nicht lange darüber nachdenken musst, an wen dieser Brief gehen könnte.
Wenn Gott dir tatsächlich eine Person zeigt, dann wage es, diesen Brief der Vergebung zu schreiben. Schreib authentisch, ehrlich, liebevoll und bitte Gott um seinen Segen für deine Worte und dann auch für ein offenes Herz bei der Person, für die der Brief ist.
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