Als ich gerade mal 12 Jahre alt war – noch nicht so richtig pubertär, aber kurz davor; noch nicht ganz Frau, aber schon bald –, glaubte eine liebe und nette Tante in unserer damaligen Gemeinde, so musste ich die älteren Frauen dort adressieren, dass sie mir ein wirklich tolles Geschenk machte. Sie gab mir ein Buch mit dem Titel „Wenn Frauen erwachsen werden“. Ich bin ehrlich gesagt so froh, dass es heute nicht mehr gedruckt wird. Der Inhalt dieses Buches sprach sich über die Gefahren meines bald aufkeimenden Sexuallebens aus. Voller Tabus, Verbote und Regeln, damit ich mir ja nicht meinen Körper und Geist für meinen zukünftigen Mann versauen würde und gleichzeitig rein und heilig für Gott bliebe. Das ist zumindest das, woran ich mich erinnere.
Ich bekam Angst. Denn ganz ehrlich war ich nicht in der Lage, diesem Anspruch gerecht zu werden. Adieu, aufblühendes Sexualleben! Willkommen, Scham!
Noch viel schlimmer war, dass dieses Buch mein Gottesbild für eine ganze Weile prägen sollte. Immer, wenn sich in mir etwas regte, hörte ich eine Stimme, die mir sagte: „Das ist falsch.“ „Du sündigst gerade.“ „Das darfst du nicht, mein Kind!“ Denn als Christ war ich ja ein Kind Gottes. Und ich hatte dauernd das Gefühl, dass ich Gott gegenüber ungehorsam würde. Vorerst nur in meinem Kopf.
Das machte mich schließlich zum vehementen Verfechter dieser „strengen und engen“ Sexualmoral. Ich trug zum Beispiel im Sportunterricht im bis heute noch sehr atheistischen Mecklenburg-Vorpommern ein T-Shirt in weinrot mit einer weißen Aufschrift: Das Mittel gegen AIDS, kein SEX vor der EHE und TREUE bis in den TOD.
Damit war ich definitiv anders als alle anderen. Es ist ein Wunder, dass ich die Oberstufe so gut überlebt habe.
Ein paar Jahre nach dem Abitur folgte der komplette Absturz. Ich wurde Gott und meinen sehr hohen Standards nicht mehr gerecht. Ich versagte, ignorierte meine Scham, fühlte mich für eine Weile damit sogar recht wohl, fand gute Argumente, warum meine neue Lebensentscheidung okay war, und machte weiter.
Ich möchte dir sehr gerne gute und hilfreiche Antworten auf deine potentiellen Fragen zu Dating, Sex und Ehe geben, die du dir in der heutigen Zeit wahrscheinlich nur stellst, wenn du selbst irgendwie an einen Gott glaubst.
Sex vor der Ehe? Ja oder nein? Wie weit dürfen wir gehen? Darf man sich selbst befriedigen? Was sagt die Bibel zu Pornografie? Zu Homosexualität? Oder zu einer Beziehung mit einem ungläubigen Partner?
Aber die Antworten, die ich im Laufe der letzten 15 Jahre darauf gefunden habe, die ich dir biblisch fundiert belegen könnte, bringen dir rein gar nichts, wenn dein Gottesbild nicht dem entspricht, wie ich Gott heute persönlich erlebe.
Deine Wahrnehmung, ob Gott in Sachen Liebe die größte Spaßbremse oder einfach absolut irrelevant ist, ob er verbietet oder warnt, schuldig spricht oder fürsorglich ist, hängt schlicht und einfach von deinem Bild von Gott ab.
Was ist dein Gottesbild? Wie würdest du ihn und deine Beziehung zu ihm beschreiben?
Vielleicht ist Gott für dich unnahbar. Er hat kaum etwas mit deinem Alltag zu tun. Er scheint nicht auf deine Gebete zu hören. Du glaubst zwar irgendwie an ihn, relevant und lebensverändernd ist er für dich aber nicht.
Oder vielleicht ist Gott für dich ein Tyrann, der dir immer wieder sagt, was du alles nicht tun darfst. Alles, was Spaß macht, ist verboten.
Aber möglicherweise erlebst du Gott auch als liebenden, wertschätzenden, hingegebenen Vater, der einfach nur möchte, dass du Entscheidungen in deinem Leben triffst, die für dich selbst und deine Mitmenschen gesund sind.
Ich bin mittlerweile fest davon überzeugt, dass Gott wirklich dein Bestes im Blick hat. Dass die Prinzipien und Werte, von denen wir in der Bibel von Genesis bis zur Offenbarung wiederkehrend lesen können, keine fingerzeigenden Maßnahmen eines strafenden Gottes sind, sondern vielmehr Leitplanken, die seiner Schöpfung – und dazu gehörst eben auch du – einen gesunden Rahmen geben soll, in dem sie voll und ganz aufblühen darf. Damit du voll und ganz aufblühen kannst!
Wie komm ich darauf? Ganz einfach!
Ganz am Anfang der Bibel finden wir im ersten Buch Mose zwei Schöpfungsberichte. Geschichten, die beschreiben, wie Gott die Welt erschuf. Die erste in Genesis 1 schildert uns einen sehr poetischen Schöpfungsakt in 6 Tagen. An jedem einzelnen Tag erschafft Gott einen weiteren Teil unseres Lebensraums. Und nach jedem Tag schaut Gott sich seine Schöpfung ganz genau an und bezeichnet sie dann jedes Mal als gut. Und wenn gut für Gott gut genug ist, ist es auch gut genug für uns Menschen. Ein Tag nach dem anderen vergeht. Am sechsten Tag erschafft Gott schließlich den Menschen. Er schaut sich alles wieder ganz genau an und sagt dann: „Es ist sehr gut.“ Mit dem Menschen im Bilde als Mann und Frau ist die Schöpfung schließlich beendet. Sehr gut.
Doch dann lesen wir den zweiten Schöpfungsbericht in Genesis 2. Dort finden wir, dass Gott zuallererst den Mann schafft. Einen Adam. Gott zeigt ihm alle seine Aufgaben und das vor ihm liegende Land. Und dann schaut er auch hier genau hin. Das Resultat ist dieses Mal ein anderes:
„Dann sprach Gott, der Herr: „Es ist NICHT GUT für den Menschen, allein zu sein. Ich will ihm ein Wesen schaffen, das zu ihm passt.” (1. Mose 2:18)
Gott erkennt, dass hier eine nicht ideale Situation für den Menschen existiert und korrigiert sie sofort. Er erschafft für Adam dessen Eva. Und die erste arrangierte Ehe wird vereinbart.
Wir finden in diesen zwei Berichten nirgends die Worte richtig oder falsch, sondern lediglich gut, sehr gut oder nicht gut. Gott erschafft eine Welt, in welche er uns hineinstellt, und sagt: „Das hier ist gut für dich.“ Und in dem Moment, als er selbst bemerkt, dass etwas nicht ganz passt beziehungsweise etwas Wichtiges fehlt, ändert er es sofort für uns.
Gott will, dass es dir sehr gut geht. Er hat uns ein Gegenüber geschaffen, Ehe und Sexualität initiiert, weil er möchte, dass es dir gut geht.
Er kennt dich. Er hat dich entworfen, designt und geschaffen. Er ist dein Schöpfer. Genau aus diesen Gründen weiß er, wie du am besten funktionierst.
Und wenn du dich auch als seine Schöpfung siehst, warum glaubst du ihm dann nicht einfach, dass seine Ordnung gut für dich ist?
Die Werte, Regeln, Gesetze, die ich als Teenager öffentlich hartnäckig vertreten habe, aus Angst, etwas Falsches tun zu können oder bei Nicht-Einhalten dafür bestraft zu werden, sind heute kein Zwang oder Kampf mehr für mich. Es geht mir nicht mehr um richtig oder falsch.
Das hat mich total freigesetzt! Ich kann meinem Gott und meinem Schöpfer wieder vertrauen, weil ich weiß, dass er eine richtig gute Idee für meine Beziehung und Sexualität hat.
Ich vertraue ihm, weil ich erlebt habe, dass das, was er erschaffen hat, richtig gut für mich ist.
Ist sein gut auch gut genug für dich?
Comment
Basti
Hey,
danke für den Text. Fand es sehr Augenöffnend. Und ich habe mich auch oft selbst wieder erkannt. Danke für’s teilen!
P.S.: Ich mag eure Art zu schreiben, es ist immer sehr ausgewogen und realistisch.