Manchmal bekomme ich das Gefühl vermittelt, für Singles nicht mehr relevant zu sein, da ich ja jetzt bald 10 Jahre glücklich verheiratet bin und zwei tolle Töchter habe. Wie also sollte ich bitte verstehen können, wie es einem Single gerade geht?!
Stell dir vor, auch ich war mal ein Single. Ich hatte mit Anfang 20 bereits zwei erfolglose Beziehungen gehabt. Mit 19 Jahren den ersten Freund, diese Beziehung hielt ganze neun Monate. Dann mit 20 gleich den nächsten. Eine schrill rosarote Dating-Erfahrung. Sie ging wild und leidenschaftlich los und endete steil und katastrophal.
Danach war ich sechs Jahre lang Single. Ja, ganze sechs Jahre, in denen absolut nichts lief. Ich durfte meine jüngere Schwester zum Traualtar begleiten und hatte mir für ihre Hochzeit ein Fake-Date organisiert. Ich wollte an diesem Tag einfach nicht alleine erscheinen. Truth.
Ich war nicht gerne Single. Es gab Phasen, in denen ich die Einsamkeit gut ertragen habe, und andere Momente, in denen ich einfach nicht mehr allein sein wollte. Sicherlich kennst du das auch! Natürlich war ich nie wirklich alleine. Ich habe mir eine WG mit zwei Mädels geteilt, hatte viele Freunde und guten Anschluss an eine christliche Studentengruppe. Das ersetzt aber immer noch nicht diese eine exklusive Beziehung.
Warum eigentlich war ich sechs Jahre lang Single? Warum hab ich nicht einfach die nächstbeste Option ergriffen und meinem Single-Dasein ein Ende gesetzt? Für einen Moment. Oder ein paar Monate. Oder ein, zwei weitere Jahre?
Weil ich keine weitere Beziehung vergeigen wollte. Und für die eine richtige Beziehung war einfach noch nicht die richtige Zeit gekommen. Gott hat in den sechs Single-Jahren mein Herz geformt, geheilt und mich auf meinen Mann vorbereitet. Als es dann endlich soweit war und Mr. Right mich fragte, bin ich fast vor Angst davongelaufen. Nur fast.
Im Hohelied 2:7 und 3:5 gibt es einen Satz, der sich mir beim Lesen vor ein paar Wochen nochmal neu offenbart hat.
„Ihr Mädchen (Anmerkung d. Red.: und auch Jungen) von Jerusalem, ich beschwöre euch bei der Liebe selbst: Weckt sie nicht auf und facht die Leidenschaft nicht an, bis die Zeit dafür kommt.“
Ich glaube mit ganzem Herzen, dass eine verbindliche Partnerschaft unser Leben extrem bereichern kann. Das erlebe ich selbst bis heute in meiner Ehe immer wieder neu. Sie kann es aber auch manchmal zur Hölle auf Erden werden lassen. Deshalb ist es umso wichtiger, dass wir gewissenhaft und bewusst Entscheidungen treffen, an wen, wann und wie schnell wir unsere Herzen und auch Körper verschenken.
Ich möchte dir heute sieben Fragen stellen, die du dir ganz sorgfältig durch den Kopf gehen lassen darfst, bevor du dich zum ersten Mal oder erneut bewusst für eine Partnerschaft entscheidest.
1. Hast du Angst, weiterhin alleine zu bleiben?
Wenn du diese Frage mit „Ja“ beantwortest, dann bleib vorerst Single. Ja, eine Beziehung wird anfänglich deine Einsamkeit verdrängen und du wirst dich nicht mehr einsam fühlen, darum geht es bei einer Partnerschaft jedoch nicht. Wenn die Angst vor Einsamkeit dich in eine Beziehung treibt, so wirst du mit sehr großer Wahrscheinlichkeit eine Entscheidung zweiter Wahl treffen. Dann wirst du in zu vielen Punkten einen Kompromiss eingehen werden. Abgesehen davon ist es durchaus wichtig, vor einer Beziehung zu lernen, sich selbst genug zu sein. Innere Leere und Einsamkeit wird keine Person völlig und andauernd ausfüllen können.
2. Wirst du in dieser Beziehung deinen tiefsten Überzeugungen nachgeben müssen?
Was sind deine No-Gos? Worin bist du absolut kompromisslos? Du wirst in jeder Partnerschaft Kompromisse eingehen müssen. Jeder von uns hat jedoch Dinge, die wir auf gar keinen Fall aufgeben sollten. Kenne deine unverhandelbaren Überzeugungen und bleib ihnen treu.
Für mich war das immer mein Glaube an Gott. Ich konnte mir niemals vorstellen, einen Partner zu haben, der mich nicht in meinem Glauben ermutigt, stärkt und auch fordert.
3. Sind deine Erwartungen an eine Beziehung realistisch?
Wonach sehnst du dich im Gegenüber? Soll er/sie alle deine Bedürfnisse erfüllen? Damit dein Leben endlich einfacher wird und von nun an alles besser läuft? Was erwartest du von deinem potenziellen Partner? Und was bist du bereit zu geben? Wir alle wissen, dass Hollywood-Romanzen nicht realistisch sind, oder?! Hoffentlich! Denn wenn uns das nicht wirklich klar ist, dann brennt die Luft bald in jeder Beziehung. Nicht, weil es so heiß hergeht, sondern weil sich die falschen Erwartungen aneinander reiben werden.
Ich bin ein großer Fan davon, sich als Paar ein Mentorenpaar zu suchen. Wenn du bereits in einer Partnerschaft bist, dann sucht euch gemeinsam ein Paar, welches schon einige Jahre länger in verbindlicher Beziehung lebt, und durchlöchert es mit all euren Fragen. Lernt von ihnen, wie eine realistische und zugleich solide Beziehung aussehen kann.
4. Möchtest du deinen potenziellen Partner retten?
Es gibt nicht wenige Menschen, die mit einem Helfersyndrom herumlaufen, was dann leider auch in einer Partnerschaft deutlich wird. Wenn du eine Beziehung beginnst, weil du der Person helfen möchtest, du das Gefühl hast, dass dich dieser Jemand braucht, nicht ohne dich kann, dann überschätzt du dich deutlich. Du bist nicht der Arzt, Sanitäter, Psychologe, Pfarrer oder Sozialarbeiter deines Partners.
Wenn du dieses Muster bei dir erkennst, dann finde erst einmal heraus, warum du das Bedürfnis hast, dieser Person zu helfen, bevor du weitere Schritte Richtung Partnerschaft gehst.
5. Was verbindet und vereint euch?
Gegensätze ziehen sich an – ja! Für eine kurze Zeit, und dann knallt es gewaltig. Das, was dich zu Beginn noch unglaublich fasziniert hat, wird dir schon bald gehörig auf die Nerven gehen. Klar, es gibt immer Differenzen, denn es handelt sich bei einer Beziehung ja schließlich um zwei Individuen, die beschlossen haben, nun ein Paar zu sein. Aber gleich und gleich gesellt sich eben doch lieber länger und nachhaltiger. Sei dir bei deiner Wahl immer bewusst, dass eure Gemeinsamkeiten das tragende Fundament eurer Beziehung sein werden. Identische Ziele. Gemeinsame Träume. Eine Vision. Ein gemeinsamer Glaube, der euch durch Höhen und Tiefen eures Lebens und eurer Partnerschaft führen kann.
Finde heraus, was euch zusammenbringt, anstatt auf das zu schauen, was so andersartig und anziehend am Anderen ist.
6. Kennst du deinen Wert? Und kennt dein (potenzieller) Partner deinen Wert?
„Du bringst Menschen bei, wie sie dich behandeln sollen, mit dem, was du ihnen erlaubst, woran du sie hinderst und was du bekräftigst.“ (Tony Gaskins)
Wie behandelt dich dein (potenzieller) Partner und was sagt das über deinen Selbstwert aus? Wenn du vor einer Partnerschaft nicht weißt, wer du bist und was du dir wert bist, dann wird es innerhalb einer Beziehung noch schwieriger werden, das zu erkennen.
Wenn du dich selbst nicht lieben kannst, wird es dir immer schwer fallen, dein Gegenüber so zu lieben, wie du es dir selbst von ihm/ihr wünschst. Du bist nicht wertvoller oder liebenswerter, weil du eine Person an deiner Seite hast. Du bist wertvoll und liebenswert. Genau so, wie du bist – ohne Mann/ohne Frau – ohne Anhang – ohne Partner(in)!
7. Bist du bereit, eine verbindliche Beziehung einzugehen?
Für mich war früh klar, dass ich nicht date, um einfach nur zu daten. Mir ging es nie darum, einfach eine Beziehung zu führen, damit ich nicht mehr allein bin, keine Langeweile habe oder einfach nur, um den Platz „Freund“ in meinem Leben zu besetzen.
Ein Date sollte das Potenzial haben, in eine Beziehung zu führen, und nicht nur als Flirt betrachtet werden. Und bei einer Beziehung darf man hoffen, dass diese in eine lebenslange Ehe führt. Oder bist du gerne nur ein Flirt für jemanden? Möchtest du, dass auf deiner Beziehung bereits zu Beginn ein Verfallsdatum angegeben ist? Sei ehrlich zu dir und deinem (potenziellen) Partner, ob du ernsthaft bereit bist, eine feste Bindung einzugehen.
Ich kann mich noch daran erinnern, Hals über Kopf verliebt zu sein. Das Hirn ausgeschaltet, die Hormone am Steuer. Sich dann hinsetzen, reflektieren, Fragen stellen und diese auch noch wahrheitsgetreu beantworten, das war scheinbar unmöglich. Doch genau dazu möchte ich dich ermutigen und auch herausfordern, denn letztlich bist du es, der später mit den Konsequenzen deines JAs, NEINs oder VIELLEICHTs leben müssen wird.
2 Comments
Micha
Schöner Beitrag. Hat für mich einiges was mir schon vorher irgendwie klar war auf den Punkt gebracht. Grade der erste Punkt war mir schon länger igendwie bewusst Trotzdem hatte ich immer wieder den Gedanken das eine Beziehung schon gegen Einsamkeit hilft, grade als jemand der sich schwer tut Freunde zu finden und auch mit Mitte 20 noch keine Beziehung hatte. Ich finde es wichtig das jeder auch an sich Selbst Arbeit, ich denke da hat jeder seine Baustellen.
Lotte Telzer
Hallo Micha,danke für deinen ehrlichen Kommentar. Das Bauen an sich selbst hört eben auch in der Beziehung nicht auf. Wenn man es vorher schon lernt, wird es dann einfacher. Geh deinen Weg und lass Gott weiter an dir arbeiten.