Maria ist überraschend etwas verfrüht schwanger geworden und allein mit ihrem frisch vermählten Josef auf dem Weg in dessen Heimat Bethlehem. Dort angekommen finden sie keinen ruhigen, sauberen Ort, wo sie sich von der langen Reise erholen können. Alle Unterkünfte sind bereits belegt. Ein einfacher Stall wird ihnen zu guter Letzt angeboten. Und dort, zwischen Stroh und Ochsen, kommt ihr erstes Kind auf die Welt. Hirten gratulieren zur Geburt.
Erst nachdem Josef und Maria schon etwa einen Tag Fußmarsch hinter Jerusalem sind, bemerken sie, dass ihr Sohn nicht mehr bei ihnen ist. Jesus ist zwölf Jahre alt und nicht aufzufinden. Er ist weg. Einfach verschwunden und unauffindbar. Drei Tage später finden sie Jesus im Tempel wieder, wo er seelenruhig mit den Schriftgelehrten am Debattieren ist.
Israel ist besetzt. Seit bereits einigen Jahrzehnten regiert das Römische Reich das Land, wo Gottes Volk zuhause ist. Es hat schon mehrere kleine Aufstände gegeben, die alle vernichtend beendet wurden. Und jetzt kommt dieser junge Mann daher, der viele Menschen anzieht, über ein Reich predigt, welches nicht von dieser Welt ist, unglaubliche Wunder tut und damit so einige Personen in Aufruhr versetzt.
Jesus wird von einer wachsenden Menge an Menschen geliebt und verehrt, gleichzeitig von einflussreichen, religiösen Menschen hart und verbissen geprüft. Am Ende sind es womöglich dieselben Männer, die zwar den Verstand des zwölfjährigen Jesus lobten, aber schließlich dafür sorgen, dass er mit 33 Jahren wegen Verrat am eigenen Volk die schlimmste Todesstrafe der damaligen Zeit erhält. Jesus stirbt den qualvollsten Tod, den wir uns vorstellen können. Verhöhnt, erniedrigt, geschlagen und einsam. Und dort vorm Kreuz kniet bis zu seinem letzten Atemzug Maria.
Wie nur war sie in der Lage, all das mit anzusehen und zu ertragen? Was für Superkräfte hatte sie? Für mich als Mutter völlig unvorstellbar. Doch Maria bleibt bis zum Ende.
In keinem anderen Jahr erlebte ich so häufig, wie Menschen, die mir nahestehen und die ich begleiten darf, durch Verlust, Frustration, Nöte und Ängste gehen. Immer wieder bringt es mich selbst an meine eigenen Limits. Ich musste erneut feststellen, wie ich weder schmerzhafte Lebenslagen verändern kann, noch in der Lage bin, auf Abstand echte Nähe und Fürsorge zu zeigen. Alles, was ich bisher versucht habe, ist dann doch nur eine Krücke und nicht das, was ich gerne gegeben oder geteilt hätte.
Ich kenne bislang niemanden, der sagen würde, das war das beste Jahr seines Lebens.
2020 hat uns (fast) alle unerwartet erschüttert.
Während ich so über die letzten Monate nachdenke und überlege, ob und wie wir als Familie sowie als Kirche dieses Jahr Weihnachten feiern können, stelle ich mir immer wieder diese eine Frage: Was trägt mich durch? Was ist das eine, was ich allen Menschen um mich herum gerne sagen und wünschen würde? Was ist das eine, was ich dir gerne zum ersten Advent mitgeben möchte?
Ich wünsche dir das, wovon ich glaube, dass es Maria durch alle ihre unerwarteten Lebenslagen hindurchbrachte.
Die Hirten, die als erste Gratulanten nach der Geburt Jesu kommen, bringen Maria und Josef eine Botschaft mit. Sie erzählen von Engeln, die ihnen auf dem Feld erschienen waren und sie zu dem Stall wiesen, in dem sie dem Retter der Welt begegnen würden. Sie berichten von den Worten, welche die Engel wiederholt zu ihnen auf dem Feld sangen: „Ehre sei Gott im höchsten Himmel und Frieden auf Erden für alle Menschen, an denen Gott Gefallen hat.“ (Lukas 2:14)
Und wenn man dem Text glauben kann, dann kündigen die Engel hier all denen, die Gott nah sein wollen und ihn aufrichtig suchen, einen Frieden an, der weit über einen irdischen Frieden, der von externen Faktoren abhängig ist, hinausgehen wird.
Nur solch ein Friede konnte Maria dazu befähigen, die Herausforderungen ihres Lebens zu (er)tragen. Sie hörte die Worte der Hirten nicht nur, sie glaubte ihren Berichten auch. Denn Maria bewahrte das Gesagte in ihrem Herzen auf und dachte oft darüber nach (nach Lukas 2:19).
Diese Botschaft gilt auch uns, gilt auch dir. Dieser Friede wird auch uns verkündet, auch dir verkündet.
„Ich lasse euch ein Geschenk zurück – meinen Frieden. Und der Friede, den ich schenke, ist nicht wie der Friede, den die Welt gibt. Deshalb sorgt euch nicht und habt keine Angst.“ (Johannes 14:27)
Ich wünsche dir und mir in diesem Jahr zu Weihnachten einen Frieden, der nicht die Realität von schlechten Dingen in unserem Leben leugnet, sondern die Gegenwart von unserem guten Gott immer wieder in unseren Fokus rückt.
Friede mit dir!
2 Comments
Benjamin
Danke für diesen Text. 🙂
Ich finde es verrückt, wie 2020 so ein eigentlich schlechtes Jahr war, aber ich hatte öfter die Möglichkeit Zeit mit Gott zu verbringen, und ich merke, wie er mich da durch trägt.
Wie er mir diesen Frieden gibt.
~ Benni.
Lotte Telzer
Hi Benni, genau das ist so wunderbar, dass Gott ja nicht im Lockdown ist und wir uns überall mit ihm treffen können.