In zwei Jahren nulle ich wieder. Bald habe ich so in etwa die Hälfte meines Lebens erreicht. Ich bin angekommen. Ich weiß mit großer Wahrscheinlichkeit, wo ich das nächste Jahrzehnt erleben werde. Ich weiß, wofür ich lebe und mit wem ich diesen Weg gemeinsam gehe. Viele wichtige Fragen haben sich für mich bereits geklärt.
Nachdem ich nun schon 16-mal umgezogen bin und 8 Ortswechsel dabei waren, schaue ich zurück und merke, wie viele Menschen in mein Leben gekommen und auch wieder gegangen sind. So manch beendete Freundschaft hat auch Wunden hinterlassen, andere hingegen hinterließen offene Fragen.
Facebook und Co. sind in Wirklichkeit nur Beziehungskrücken. All die virtuellen „Freunde“ sind in Wahrheit nur Bekannte oder weniger, und doch ist es irgendwie schön, hin und wieder mitzubekommen, was gerade bei den ehemaligen Kommilitonen oder Arbeitskollegen von vor 10 Jahren passiert.
Wenn ich auf dieses unerwartete Jahr zurückblicke, dann waren es vor allem Beziehungen, die unter Druck standen. Partnerschaften. Ehen. Familien. Freundschaften. Gemeinschaften. Entweder man konnte bzw. wollte sich nicht so oft sehen wie zuvor, oder aber der Partner oder Mitbewohner war auf einmal 24/7 in der Nähe. In beiden Fällen hat das manchmal zu Distanz oder auch Bruch geführt. Hinzu kamen die vielen Gespräche über das „Thema des Jahres“, die daraus resultierenden Meinungsverschiedenheiten, aber auch oft die realen, harten Konsequenzen im Alltag. Das hat uns und unsere Beziehungen zueinander dieses Jahr tief geprägt.
Ich hatte in diesem Jahr einfach viel weniger Zeit für tiefe Beziehungen, als ich sie gerne gehabt hätte. Eine Freundschaft wurde dadurch geschliffen und daher intensiver, eine andere hat dadurch gelitten und wir haben uns voneinander entfernt. Man hat sich einfach aus den Augen verloren. Und dafür war 2020 einfach ideal.
Ja, manch eine Beziehung ist von vorneherein nur für eine definierte Dauer bestimmt und doch sehnen wir uns Menschen irgendwie auch nach andauernden, nachhaltigen Freundschaften. Ich schon! Du auch?
Jesus selbst hatte 12 Jünger, die ihn für die wichtigsten drei Jahre seines Lebens begleiten durften. Und unter diesen 12 Jüngern waren drei Freunde, die ihm brüderlich nahestanden, mit denen er besondere Erfahrungen und auch sein Herz teilte. Jakobus, Johannes und Petrus waren Jesu Freunde, sein innerer Kreis, drei Männer, die mit ihm auf besondere Weise verbunden waren.
Ich habe mich gefragt, wie wesentliche Eigenschaften, Einstellungen und Werte aussehen, die Beziehungen nachhaltig(er) machen. Wodurch bestehen Freundschaften den Test der Zeit, auch dann, wenn sie mit unterschiedlichen Krisen und Hindernissen konfrontiert werden?
Ich möchte mit euch drei dieser Eigenschaften teilen, die uns im neuen Jahr dabei helfen und ermutigen können, Beziehungen nachhaltig(er) zu leben.
1. Einander feiern und miteinander trauern
Freunde sind solche Menschen, die sich an deine Feste erinnern, deine großen Momente mit dir feiern und dich auch am Tiefpunkt nicht alleinlassen. Meist entstehen Freundschaften gerade in solchen Hoch- oder Tiefzeiten. Man erlebt etwas besonders Schönes oder besonders Schmerzhaftes miteinander und von dem Moment an existiert eine erste tiefere Verbindung. Mit einer meiner engen Freundinnen teile ich die erste Schwangerschaft. Mit dicken Bäuchen haben wir uns kennengelernt und seitdem durften wir gemeinsam viel Schönes, aber auch einiges Schmerzhaftes erleben. Wir erinnern uns und einander an Dinge, die man feiern sollte, und tragen teilend den Schmerz voneinander mit. Ohne viel Worte. Denn wenn das Herz springt oder schmerzt, braucht es oft nur ein lautes Juchhe oder eine leise Träne. Wenn der andere mitfühlt, entsteht Nähe.
2. Gemeinsam den Glauben stärken
Sicherlich habe ich auch Freundschaften mit Menschen, die meinen Glauben nicht teilen, und doch gehen die Beziehungen immer schneller in die Tiefe, wenn das tragende Fundament vereint. Ein gemeinsamer Glaube ist nicht nur für die Ehe wichtig. Er vertieft auch jede andere Beziehung. Wenn ich mich frage, was Gott jetzt gerade über eine bestimmte Situation in meinem Leben denkt, und vielleicht nicht sofort eine Antwort darauf erhalte, dann kann mir eine Freundin oft mit einem göttlichen Rat aushelfen. Wir können die Bibel aufschlagen, über Gottes gute Prinzipien sprechen, zusammen im Gebet vor unseren Herrn kommen und einander ermutigen, im Glauben zu wachsen. Was mich zu meinem dritten Punkt bringt.
3. Miteinander wachsen
Andauernde, echte Freundschaft will, dass der andere im Leben nicht stehen bleibt. Gott hat in uns Menschen eine DNA des Wachstums hineingelegt. Vom ersten Moment bis zum Ende unseres Lebens finden Multiplikation, Erneuerung und Wachstum in unserem Körper statt. Und dann stellt Gott uns immer auch in Gemeinschaft, damit nicht nur unser Fleisch, sondern auch unser Geist weiterwächst. Der Satz „Bleib, wie du bist“ ist wahrscheinlich der dümmste Satz, den man einem guten Freund sagen kann. Ich hoffe, dass meine engsten Freunde mich immer wieder liebevoll daran erinnern, welches Potenzial noch in mir steckt, mich ermutigen, neue und nächste Schritte zu gehen, meinen Charakter schleifen und mir dabei helfen, reifer und weiser zu werden.
In zwei Jahren werde ich 40. Und dann möchte ich mit 4 Freundinnen, mit einer aus jedem Jahrzehnt, ein Wochenende zu fünft verbringen. 48 Stunden, in denen wir gemeinsam lachen und weinen, uns im Glauben stärken und einander ins Gesicht schauen und mit ganz viel Gnade und Liebe füreinander sagen können: „Bleib nicht so, wie du bist!“
Ich wünsche dir und mir im neuen Jahr, dass wir alle wieder mehr Kraft, Zeit und Freude daran haben, in für uns wichtige Freundschaften zu investieren, die möglicherweise unser Leben lang anhalten werden.
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