Kaum zu glauben, aber wahr: Ich bin Germanistik-Studentin und habe es immerzu gehasst, Bücher zu lesen. In meiner Kindheit gab es nur ein einziges Buch, welches ich mir immer wieder vorlesen ließ. Und ja, ganz richtig, selbst als ich schon lesen konnte, war ich zu faul, um eigenständig zu lesen. Viel mehr habe ich es genossen, vorgelesen zu bekommen.
Heute sieht das, auch zum Wohle meiner damaligen Vorleser, anders aus und ich musste den Hörsaal zu Beginn des 1. Semesters nicht direkt verlassen, als der Professor diejenigen zum Gehen aufforderte, die ungern lesen oder schreiben. Über die Jahre habe ich immer mehr verstanden, was für einen Schatz gute Geschichten und Bücher bergen und dass auch in meinem Leben Tag für Tag neue „Seiten“ durch den besten Geschichtenschreiber hinzukommen. Einige dieser Seiten will ich dir nun preisgeben.
Mein Fahrschullehrer sagte in einer meiner ersten Fahrstunden zu mir, dass er der Meinung sei, die meisten Autofahrer bemerkten es nicht einmal, wenn man den Rückspiegel ihres Autos entfernen würde. So selten würde die Mehrheit der Autofahrer ihn benutzen. Nach dieser Aussage nahm ich mir zum Ziel, den Blick noch gewissenhafter in den Rückspiegel zu richten, um bloß nicht dem Klischee zu entsprechen und auch diesem Accessoire des Autos seine Würde zu erweisen. Auch in Bezug auf mein Leben habe ich erkannt, was der Blick in den „Rückspiegel“ bewirken kann. Immer wieder habe ich Situationen erlebt, in denen ich Umstände und Ereignisse nicht sofort verstehen oder in den Gesamtkontext einordnen konnte.
So zum Beispiel in meinem FSJ. Vor dem Schulabschluss stand für mich schon eine ganze Weile fest, dass ich ein FSJ im Ausland machen möchte. Am liebsten etwas im sportlichen Bereich und mit Kindern sowie Jugendlichen, und noch besser dort, wo Englisch gesprochen wird und man am liebsten Kiwi isst. Eine sportmissionarische Organisation sicherte mir nach meiner Bewerbung den Einsatzort Neuseeland zu. Kurz vor dem Absolvieren des Abiturs kam dann die Mitteilung, dass es doch nichts wird, weil das Team vor Ort nicht auf FSJler vorbereitet wäre. Alle folgenden Entscheidungen mussten schnell getroffen werden und ich bekam Berlin als neuen Einsatzort. So richtig glücklich war ich mit dieser Alternative zwar nicht, doch Gottes Humor machte sich mal wieder bemerkbar: Mein Chef war ein Neuseeländer und meine WG-Mitbewohner waren Amerikanerinnen.
Gerade mit dieser neuen Situation in Berlin vertraut geworden, da verschlechterte sich meine gesundheitliche Situation und ich musste mich mehreren Untersuchungen in meiner Heimat unterziehen. Von jetzt auf gleich durfte ich keine Milch-, keine Gluten- und keine Histamin-Produkte mehr essen. Durch diese Umstände geriet mein Wunsch, Lehramt mit den Fächern Deutsch und Sport zu studieren, mehr und mehr ins Wanken. Ich konnte meiner sportlichen Leidenschaft nicht mehr nachgehen und war körperlich total ausgelaugt. Wer mich kennt, weiß, dass ruhig liegen oder sitzen und dabei nichts tun definitiv nicht zu meinen Stärken gehört. Ich erinnere mich noch allzu gut an die Worte meiner Familienmitglieder, die mir rieten, einen Plan B zu schmieden. Nach langem Zureden kehrte ich schließlich für vier Monate nach Berlin zurück und beschloss, danach auf eine Bibelschule zu gehen, um dort eine Ausbildung zu machen – Plan B war also tatsächlich eingetroffen und doch lief alles wieder anders als geplant. Im Laufe des ersten Halbjahres verbesserte sich nämlich meine gesundheitliche Situation zunehmend und ich beschloss, doch das Lehramtstudium aufzunehmen. So darf ich dieses heute im 4. Semester studieren, Sport treiben, im Germanistikstudium der Liebe zu Sprache, Geschichten und Büchern nachgehen und vor allem: ALLES essen!
All den Menschen, die mich in den geschilderten Lebenslagen gefragt haben, ob ich wüsste oder Gott mir zu erkennen gegeben hätte, wieso mein Leben einen alles andere als geradlinigen Verlauf genommen hat, konnte ich schlichtweg nur mit „Nein“ antworten. Ich wusste es damals nicht und wenn ich ehrlich bin, dann weiß ich es auch heute nicht. Doch im Rückspiegel betrachtet werden mir ganz andere Dinge klar: Gott war in all diesen Situationen da. Er ließ mich seine Liebe, Nähe und Fürsorge spüren. Er hat mich gestärkt und mir Menschen an die Seite gestellt. Vor allem aber durfte ich ihn in dieser Zeit besser kennenlernen.
Gott kann Türen öffnen und genauso schnell auch wieder schließen. Das können Türen in Form von Beziehungen, Beförderungen oder Belastungen sein. Doch jede Herausforderung und jeder Rückschlag, das habe ich gelernt, sind eine Möglichkeit zu wachsen. Prüfungen in unserem Leben kommen und gehen, doch Gott bleibt immer treu! Er ist es, der unsere Geschichte schreibt und all das nutzt, um Gutes hervorzubringen. So ist Römer 8:28 zu meinem Lebensmotto geworden:
Das eine aber wissen wir: Wer Gott liebt, dem dient alles, was geschieht, zum Guten. Dies gilt für alle, die Gott nach seinem Plan und Willen zum neuen Leben erwählt hat.
Alle schlechten Erfahrungen und Ereignisse unseres Lebens haben immer auch die Möglichkeit, sich zum Guten zu wenden (Römer 8:28). All das Gute kann uns folglich niemand nehmen (Psalm 4:6-7) und das Beste kommt erst noch (1. Korinther 2:9)!
Ich glaube, dass Gottes Geschichte mit mir schon vor langer Zeit begonnen hat und dass ich mit ihm den besten Geschichtenschreiber des Universums bekommen habe. Und so, wie ich das über mein Leben denke, darfst du es auch über deines denken! Er hat schon lange vor deiner Geburt an dich gedacht. Er kannte deinen Namen und dein Leben. Und er konnte es kaum abwarten, mit dir Geschichte zu schreiben.
Lass dies also deine tägliche Frage werden, um für sein Wirken als Autor deines Lebens bereit zu sein: „Gott, welche Geschichte willst du mit mir schreiben?“
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