Ich habe eine Hassliebe zu den sozialen Medien. Man findet dort viele gute Ideen, Inspiration und vereinzelt auch guten Rat, doch a), es sind immer nur kurze Gedanken, die man aus dem Kontext gerissen auch missverstehen kann, und b), die meisten, denen ich folge, kenne ich nicht persönlich.
Wir leben in einer Welt, in der wir täglich mit viel zu vielen Informationen konfrontiert sind und in der gleichzeitig echte, gesunde und verbindliche Beziehungen abnehmen. Und doch spüre ich eine Sehnsucht nach Tiefe und Qualität, in Beziehungen sowie auch Informationen.
Als mein Mann und ich am Anfang unserer Beziehung standen, gab es noch kein Instagram. Facebook wurde langsam populär, FaceTime, Zoom und auch Netflix waren noch lange nicht in Sicht. Unsere Familien waren zu dem Zeitpunkt zwischen 9.000 und 16.000 km von uns entfernt. Und natürlich hatten wir Beziehungsfragen. Ich bin Deutsche, er ist Inder. Wir hatten schon 1 – 2 Beziehungen vermasselt und das war dieses Mal definitiv nicht unser Plan.
Also haben wir uns an echte Menschen gewendet. Wir haben uns Paare gesucht, von denen wir lernen konnten; und was wir alles gelernt haben …! Davon zehren wir bis heute.
Was genau wir von glücklichen Paaren gelernt haben?
Such dir für deine Beziehung im echten Leben gute und gesund lebende Vorbilder!
Sicherlich lernt man online auch einiges. Das will ich damit nicht ausschließen, doch die meisten Online-Wege sind einseitig und du hast fast nie einen authentischen Blick auf das reale Leben der Personen, die dir dort versuchen, dir etwas beizubringen. Das mag bei technischem, theoretischem, rein informativem Wissen noch ganz gut funktionieren, jedoch nicht, wenn es um dein Herz, deine Seele, dein persönliches Leben und auch deine Beziehung geht.
Wir waren damals so gesegnet. In unserem Umfeld konnten wir viele gesunde Ehen und Familien beobachten. Ich kann mich an sechs Paare erinnern, die wir in unsere junge Beziehung aktiv haben hineinsprechen lassen. Die Personen waren zwischen drei und 40 Jahren älter als wir. Drei Beziehungen, interessanterweise die jüngeren Ehepaare, waren wie wir interkulturell. Die anderen drei Paare waren damals schon zwischen 20 und 40 Jahren verheiratet.
Vielleicht magst du jetzt denken: Diese gesunden Paare gibt es in meinem Umfeld gar nicht. Das glaube ich nicht. Zumindest hoffe ich das nicht.
Wenn man sich aufrichtig auf die Suche macht, wird man sie finden. Auch heute noch.
Was ich leider immer häufiger beobachte, ist, dass junge Menschen immer Feedback-resistenter werden. Und ja, wir haben heute viel mehr Wissen schnell zur Verfügung, doch Wissen und gelebte Erfahrung und Weisheit sind immer noch unterschiedliche Sachen.
Schau nicht nach Menschen, die das tun, was du jetzt gerade tun möchtest, sondern suche die Menschen, die mit Integrität und Ausdauer ihren Lebensweg gehen. Suche nicht nach dem perfekten Paar. Suche nach einem, das bereits durch verschiedene Herausforderungen gegangen und dabei vereint geblieben ist. Schaue nicht danach, wo du in 2 – 3 Jahren sein möchtest. Schaue danach, wo du in 20 – 30 Jahren sein möchtest.
In den Sprüchen in der Bibel finden wir unter anderem diese Aussagen:
Der Weg des Narren ist richtig in seinen Augen, aber ein Weiser hört auf guten Rat. (Sprüche 12:15)
Wer guten Rat ablehnt, dem geht es schlecht; wer ihn aber befolgt, der wird belohnt. Der Rat eines weisen Menschen schenkt Leben; wer ihn annimmt, entkommt den Fallen des Todes. (Sprüche 13:13-14)
Höre auf guten Rat und nimm Zurechtweisung an, damit du für den Rest deines Lebens weise wirst. (Sprüche 19:20)
Trau dich, traut euch, Paare anzusprechen und zu fragen, ob sie euch innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens begleiten würden, indem sie bereit sind, euch einen glaubhaften Einblick in ihren Beziehungsalltag zu gewähren.
Ladet sie zum Essen ein. Das ist immer ein guter Anfang. Und seid ehrlich. Stellt alle Fragen, die ihr habt. Fragt bewusst nach ihrem Feedback. „Denken wir darüber richtig?“ – „Wie nehmt ihr uns beide wahr?“ – „Was fällt euch auf, wobei wir genauer hinschauen sollten?“
Und vielleicht wird aus dieser Mentoren-Beziehung irgendwann auch eine Freundschaft.
Heute sind es seltener als früher Beziehungsfragen, die wir haben, dafür merken wir, dass wir als Eltern oft an unsere Grenzen kommen. Also suchen wir auch dafür guten Rat bei Eltern, die schon ein paar Jährchen weiter sind als wir und die Erziehung scheinbar ganz gut meistern, und wir tauschen uns mit ihnen aus. Dieses Prinzip geht also auch in anderen Lebensbereichen weiter.
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