Normalerweise bin ich ein sehr positiv gestimmter Mensch. Doch dann gibt es seit einiger Zeit ja diese Tage, an denen man ganz unweigerlich positiver ist als sonst. Diese Tage, an denen nicht nur einer von zwei Strichen rot ist, sondern gleich beide. Ja, ganz richtig, ich spreche, und so lässt es sich ja schon anhand der Überschrift erahnen, von meinem ersten positiven Corona-Schnelltest. Ich bin zwar kein Corona-Leugner und würde meine Hirnwindungen auch nicht als querverlaufend bezeichnen, doch, wenn man nach zwei Jahren Pandemie noch nie einen zweiten Strich auf einem Schnelltest gesehen hat, fragt man sich doch, ob dieses Virus wirklich im eigenen Umfeld existiert oder einem bisher einfach gekonnt aus dem Weg gegangen ist.
Nun gut, der Tag war also gekommen und für mich bedeutete es ab sofort, in Quarantäne zu bleiben. Was das für mich und mein Leben bedeutet hat, will ich dir gern erzählen.
Ich bin der Überzeugung, unser Leben – hier insbesondere unser geistliches Leben – verläuft in Jahreszeiten. Jahreszeiten, wie wir sie auch aus der Natur kennen: Frühling, Sommer, Herbst und Winter. Im Frühling blühen wir so richtig auf, wir erleben Gottes Gegenwart hautnah und verspüren so richtig, wie neuer Lebensmut und -atem durch unseren Körper fließen. Hingehend zum Sommer sind wir dann auf Hochtouren. Wir strahlen nach außen und auch unsere Umwelt erkennt, wie erfüllend eine Beziehung zu Gott sein kann und welche Energie sie uns zu geben vermag. Im Herbst sieht es dann aber etwas anders aus. Solche Phasen nutzt Gott, um Dinge in unserem Leben „zurückzuschneiden“ und unseren Fokus neu zu setzen. Das kann durchaus schmerzhaft sein. Der Winter ist geistlich „kalt“, und so passt er sich auch den uns in der Realität umgebenden Temperaturen an. Unser Glaube hält scheinbar Winterruhe und Gott gleich mit. Wir fragen uns so manches Mal, ob wir etwas falsch machen oder nicht ausreichend geistlich leben.
Solche Jahreszeiten des Glaubens können von emotional überragend bis mental depressiv machend reichen. Sollte ich meine Quarantäne-Zeit in eine solche Jahreszeit einordnen, würde ich sie, wenngleich kalendarisch der Frühling begonnen hat, in den Herbst einordnen. Von jetzt auf gleich sind alle sozialen Kontakte, zumindest in persona, vorerst Geschichte. Termine, die den Kalender sonst reichlich gefüllt und den Tagesablauf bestimmt haben, müssen abgesagt, verschoben oder im Format angepasst werden. Das hat sich für mich am Anfang hart und einschneidend angefühlt, doch ich habe auch etwas daraus gelernt, und das zeichnet solche Zeiten wie den Herbst aus. Wenngleich Gott fern erscheint und Teile unseres Lebens und Alltags, die wir persönlich als notwendig und unumgänglich empfinden, plötzlich streicht und uns auf diese Weise „beschneidet“, heißt es nicht, dass auch SEIN Wesen dadurch geändert wird. Insbesondere das ist es aber, was in unseren Köpfen, oder zumindest in meinem, immer wieder aufkommt: „Wieso trifft es mich?“ – „Was habe ich falsch gemacht?“ – „Wie kann Gott es jetzt gut mit mir meinen?“ – „Interessiert Gott sich in solchen Momenten überhaupt für mich?“ Ich gehe ganz automatisch davon aus, dass ICH etwas falsch gemacht habe und nehme dementsprechend MEINE und nicht SEINE Perspektive ein. ICH schaue auf mein Leben und meinen Kalender und bin der Überzeugung, dass all das genau so gewollt und am besten für mich ist. Ich höre auf zu hinterfragen, welche Termine mir guttun und was ich dadurch bewirken kann. Ich schaue nicht darauf, wann ich Zeiten für mich einräume, sondern rede mir ein, mich bei all den Aktivitäten doch in ausreichendem Maß zu erleben, und verlerne dadurch, auch mal still zu werden, nichts zu tun und freie Zeiten zu genießen.
Was aber, wenn Gott in Zeiten des Herbstes anfängt, meine Perspektive durch SEINE zu ersetzen? Was aber, wenn Zeiten der Quarantäne nicht bedeuten, nichts tun zu dürfen, sondern nichts tun zu müssen und einfach Zeit zu haben? Zeit für Dinge, die ich sonst nicht tue, obwohl sie mir Freude bereiten. Zeit, um meinen Blick neu auszurichten – auf mein Leben und auf Gottes Wirken. Und das führt mich zu einem zweiten Punkt, den mich die Quarantäne gelehrt hat. Gott wirkt, auch – oder insbesondere – im Herbst!
Blicken wir zurück auf Ostern, faszinieren mich neben „Es ist vollbracht!“ noch drei andere Worte: „Dein Wille geschehe!“ Diese Worte sprach Jesus im Garten Gethsemane in einem Moment, in dem er genau wusste, welche Leidenszeit auf ihn zukommen würde, und diese Worte lehrte Jesus seine Jünger im Vaterunser, bei DEM Gebet schlechthin. Was also, wenn ich Jesu Vorbild folge und diese Worte auch in mein tägliches Gebet und die Perspektive auf mein Leben aufnehme? Wenn ich anfange, daran zu glauben, dass SEIN Wille das Beste für mich bietet? Doch dafür muss ich mir immer wieder neu bewusst machen, was sein Wille ist. Ich muss seine Charaktereigenschaften und seine Wahrheiten, die er über mich und mein Leben ausspricht, in mein Leben sprechen lassen. Und diese Wahrheiten müssen meine vermeintlichen Wahrheiten als Lügen entlarven. An dieser Stelle kommt mir immer wieder mein Lieblingsbibelvers aus Römer 8:28, zusammen mit einem Zitat, welches hervorragend dazu passt, in den Sinn:
Die schlechten Dinge unseres Lebens werden sich zum Guten wenden, die guten Dinge kann uns keiner mehr nehmen und das Beste kommt erst noch.
Was also, wenn wir den Blick auf die aus unserer Perspektive schlechten Dinge legen? Was, wenn wir genau darin Gottes Wirken zu erkennen versuchen und darauf vertrauen, dass er den „herbstlichen Beschnitt“ nutzt, um das Wachstum neuer, noch schönerer Blüten zu fördern?
Im Nachhinein bin ich also doch ein Stück weit dankbar für diese Zeit der Quarantäne, denn Gott hat mich auch hier nicht allein gelassen. Plötzlich fielen Uni-Seminare aus, bei denen ich hätte anwesend sein müssen, ich hatte Zeit für Hobbys, denen ich selten nachgehen kann, und sonstige Aufgaben und Abgaben ließen sich mit einer viel größeren Entspannung angehen. Auf diese Weise hat Gott mich neu für sein Wirken in und seinen Blick auf mein Leben sensibilisiert, sodass ich aus dieser als schmerzlich empfundenen Zeit mit einer innerlichen Stärke und Zuversicht herausgehen kann.
Lass mich auch dich ermutigen: Egal, in welcher Jahreszeit (oder Quarantäne 😉 ) du dich befindest, Gott ist da! Versuche jeden Tag neu, seinen Willen, sein Wirken und seinen Blick auf dein Leben zu erforschen und einzuüben, denn dann wirst du selbst in den winterlichsten Phasen deines Lebens von Gottes Güte, Gnade und Treue zehren!
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