Ansprechbar: "Was ist eure Meinung zum sogenannten Wohlstandsevangelium?"
BlogPost · Glaubensleben
Das Evangelium nach Jesus Christi, also sein stellvertretender Tod am Kreuz für die Sünden der Menschheit und seine Auferstehung am dritten Tag, sind dir bestimmt ein Begriff. Das Evangelium, von „euangelion“ – griechisch für „Frohe Botschaft“, hat die Welt seit 2.000 Jahren geprägt, im Grunde bestimmt es unsere gesamte Zeitrechnung (vor und nach Christus), und Millionen von Menschen durften hier ihre ewige Hoffnung finden.
Doch was ist bitte das sogenannte „Wohlstandsevangelium“? Das fragst du dich vielleicht. Eventuell hast du aber doch schon von diesem ganz besonderen Evangelium gehört und weißt auch darum, dass es sich bei dem Wort eher um die bewusst negativ gewählte Formulierung für eine bestimmte Art und Weise der Evangeliumsverkündigung handelt. Denn ja, die Meinungen über die biblische Auslegung im Sinne des „Wohlstandsevangeliums“ sind sehr gespalten.
Hier mal die Definition, die uns Wikipedia zu dem plakativen Begriff „Wohlstandsevangelium“ liefert:
„Wohlstandsevangelium ist die religiöse Auffassung, Wohlstand, vor allem Geldvermögen und geschäftlicher wie persönlicher Erfolg und Gesundheit, seien der sichtbare Beweis für Gottes Gunst. Wohlstand sei vorherbestimmt oder gewährt im Gegenzug für das wirksame Gebet oder religiöse Verdienste.“
Wenn ich in diesem Beitrag vom „Wohlstandsevangelium“ spreche, dann meine ich damit eines, wie es in dieser Definition umschrieben wird.
Wie bereits erwähnt: Der Begriff „Wohlstandsevangelium“, oder auf Englisch auch als „Prosperity Gospel“ bekannt, ist ein von dessen Kritikern gewählter Titel für diese bestimmte Theologie und ihre Sicht auf die Bibel. Wenn ich dir in dem heutigen Ansprechbar-Beitrag meine Meinung zu der Thematik weitergebe, dann hoffe ich einerseits, dass dich meine Gedanken inspirieren werden, andererseits will ich dich mit meiner theologischen Meinung nicht angreifen. Vielleicht gehst du ja z. B. aktiv in eine Gemeinde, die in ihren Predigten stark an die Aussagen des Wohlstandsevangeliums erinnert. Ich möchte hier möglichst sachlich mein Verständnis erklären, welches ich bereits zu dem Thema gewinnen durfte.
In unserer Community beschäftigen sich nämlich einige mit der Frage, was es mit dem sogenannten „Wohlstandsevangelium“ auf sich hat, wie wir in unseren Nachrichten lesen durften.
Legen wir also los:
Lehre, die sich nach einem „Wohlstandsevangelium“ richtet, hat folgende logische Konsequenz: „Du richtest dich nach den Geboten Gottes und er wird dich dafür segnen.“ Punkt. Natürlich lässt sich das insgesamt dann etwas mehr ausweiten. Vielleicht ist dir auch die Wort-des-Glaubens-Bewegung ein Begriff, die sich ebenso in die Reihe eines „Wohlstandsevangeliums“ einordnen lässt. Immerhin gehen einige ihrer Befürworter davon aus, dass sie mit ihren positiven Worten zwangsläufig Positives von Gott bewirken würden. Sie sprechen das Unmögliche im Glauben aus, als hätten sie das Gewünschte bereits erhalten, und erwarten dann auch eine eigentlich unmögliche Antwort, wie eben die Heilung von einer schweren Krankheit oder materiellen Wohlstand wie ein neues schickes Auto.
In diesem Blogbeitrag möchte ich keine Gemeinden, Bewegungen, Pastoren oder Prediger namentlich nennen, die genau solch eine Botschaft, genau solch ein Evangelium predigen. Vielleicht fallen dir an dieser Stelle jedoch bereits selbst einige ein. Manche davon, insbesondere jene aus den USA, sind alles andere als unbekannt. Da kannst du gern einfach mal recherchieren, im Internet wirst du schnell fündig werden, wenn du nach „Wohlstandsevangelium-Vertreter“ googlest.
Weshalb sage ich dir das? Wieso warne ich dich? Weil ich glaube, dass hier eine gewisse Wachsamkeit gefordert ist. Denn, ich vermute, man hat es bereits herausgehört, ich finde, eine solche Theologie ist nicht mit dem Evangelium von Jesus Christus zu vereinbaren. Steile These? Vielleicht. Wie gesagt, es ist auch nur eine These, die ich vertrete und mit der ich sicherlich nicht allein dastehe. Man könnte gefühlt ein ganzes Buch darüber schreiben, in dem man alle Bibelstellen, die für ein „Wohlstandsevangelium“ sprechen, mit denen, die dagegen sprechen, gegenüberstellen könnte. Dazu fehlt hier jedoch der nötige Platz.
Und dennoch ein Plädoyer, welches in die Kürze dieses Ansprechbar-Beitrags passen dürfte: Wie kann ein solches Predigen eines Wohlstandsevangeliums mit folgenden klaren Bibelstellen, die teils direkt aus Jesu eigenem Mund stammen, ernsthaft vereinbart werden?
Hier nur ein paar Beispiele von so vielen, die angeführt werden könnten:
[Jesus spricht:] „So erweist ihr euch als Kinder eures Vaters im Himmel. Denn er lässt seine Sonne für Böse wie für Gute aufgehen, und er lässt es regnen für Fromme und Gottlose.“ (Matthäus 5:45)
„Ihr habt nicht nur das Vorrecht, an Christus zu glauben, ihr dürft sogar für ihn leiden.“ (Philipper 1:29)
„Darüber freut ihr euch von ganzem Herzen, auch wenn ihr jetzt noch für eine kurze Zeit auf manche Proben gestellt werdet und viel erleiden müsst. So wird sich euer Glaube bewähren und sich als wertvoller und beständiger erweisen als pures Gold, das im Feuer gereinigt wurde. Lob, Ruhm und Ehre werdet ihr dann an dem Tag empfangen, an dem Christus für alle sichtbar kommt.“ (1. Petrus 1:6+7)
[Jesus an seine Jünger:] „Dann werdet ihr gefoltert, getötet und in der ganzen Welt gehasst werden, w eil ihr euch zu mir bekennt.“ (Matthäus 24:9)
Zudem absolut wichtig zu bedenken, ist der Fakt, dass nicht jeder, der bspw. für Heilung von seiner Krankheit betet, auch geheilt wird. Hat die Person nicht genügend geglaubt, wenn Gott doch jeden mit materiellem, körperlichem und seelischem Wohlstand segnet, der dafür betet?! Fakt ist zudem, dass nicht jeder das dicke Auto oder das viele Geld bekommt, nur weil er das so oft wie möglich laut und voller Glauben ausgesprochen hat! Manche Menschen haben auch nach Jahren des Glaubens nicht (immer) genug zum Überleben. Geschweige denn die zahlreichen aufs Schwerste für ihren Glauben an Jesus verfolgten Christen in dieser Welt – liebt Gott diese leidenden Menschen etwa weniger als den wohlhabenden Christen? Immerhin seien sie ja nicht so materiell sichtbar gesegnet wie eben jener?
Was kann es für schwere seelische Folgen für eine Person haben, die alles dafür tut, in Gottes Namen geheilt zu werden, aber nichts passiert?! Welch einen religiösen Druck kann dies auslösen ... Und vor allem auch: Wie sehr kann es das Gottesbild dieses Menschen schädigen, wenn der Druck immer mehr wächst, weil die Realität einfach etwas anderes erzählt als das (Wohlstands-)Evangelium, an welches dieser wissentlich oder auch unwissentlich glaubt. Wie verzerrt und auch schlecht muss sein Bild von Gott und ihm selbst dann mehr und mehr werden?! Anstatt sich auf die Suche zu machen und nachzuforschen, was die Bibel wirklich sagen möchte: Dass ihm egal, was auch immer geschieht, als Gottes geliebtes Kind alles zum Besten dienen muss (vgl. Römer 8:28) und Gott ihn eben nicht aufgrund seiner Leistungen oder religiösen Dienste mehr liebt oder mehr segnet, sondern allein wegen des stellvertretenden Todes Jesu am Kreuz grundsätzlich sowie konstant liebt und segnet! (Vgl. Johannes 3:16)
Jeden Mittwoch beantworten wir auf unserer Instagram-Seite @stayonfire.official im Format „Ansprechbar“ eure Fragen. Nicht jede Frage lässt sich im Rahmen einer kurzen Insta-Story beantworten. Daher gehen wir auf einige komplexere Fragen sonntags als Blogbeitrag in unserer App ein.
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Binggeli